Nach einer langen Nacht ging es am heutigen Tage sehr früh raus. Wir wollten zwei Sehenswürdigkeiten aus Sakata und Tsuruoka anschauen. Zunächst ging es wieder über den Bummelzug zurück nach Sakata, wo ich vor zwei Tagen den Kaikoji Tempel nicht besichtigen konnte.
Erlösung in Sakata
Finally! In Sakata angekommen rauschten wir auch schon zielgerichtet durch die Stadt. Unser Ziel: der Kaikoji Tempel. Das Besondere: es gab zwei Mumien in sitztender Position zu sehen. Hintergrund dieser Besonderheit: Am Ende seiner Amtszeit hatte der Priester des Tempels die Möglichkeit in Rente zu gehen, oder seinen Körper über Meditation auf eine Munifizierung vorzubereiten. Beide Rituale wurden während der Edo-Zeit (1600-1868) vollzogen. Bei der ersten Munifizierung handelte es sich um den Tempelgründer, der seine letzten Jahre auf dem Yudono Berg, einer der drei heiligen Berge Japans zunächst unter strenger Diät und schließlich in einer Box unter der Erde meditierte. Über ein Bambusrohr bekam er Essen, das aus Nüssen bestand und Wasser. Die Kommunikation erfolgte über ein Glöckchen, dass er läutete. Sobald das Läuten aufhörte, warteten die Mönche weitere 3 Monate ab, bis sie die Box wieder öffneten und den Körper für eine Munifizierung herrichteten. Das erste Tempeloberhaupt, Chukai-shonin, soll ganze 8 Jahre in dieser Stellung verbacht haben, der neunte 5 Jahre.
Wir erreichten den Tempel nach mehreren Anläufen und bekamen mit anderen Japanern eine kleine Informationstour über die Mumien. Ein Priester erklärte uns mit Bildern und etwas Englisch die Einzelheiten des Rituals und dass es in der sitzten Position nur 16 Mumien japanweit gibt. Zwei davon eben hier in Sakata. Der Anblick war enorm. Die Körper waren in festlicher Priesterkeidlung gekleidet, die alle 12 Jahre ausgetauscht wird. Fotos waren keine erlaubt, was ich auch respektierte. Bei Interesse kann man sich auch bestimmt über Google die Mumien von Sakata anschauen. Für mich definitv ein Highlight, für dass es sich lohnte vorbei zu fahren.
Der heilige Berg Haguro
Dem heutigen Motto getreu blieb es heilig. Wie vorhin angesprochen gibt es in Japan drei heilige Berge, von denen der Berg Haguro bei Tsuruoka mündete. Von der Stadt aus fuhr ein Bus zum Eingang des Wanderpfades und auch zu den Tempeln auf der Bergspitze.
Natürlich wanderten wir hoch: ohne fleiß keinen Preis – äh Stempel 😀
Bereits am Eingang konnte man sich mit Wanderstock und Talismanen spirituell ausrüsten. Der Ort war auch zu dieser vergleichsweise späten Uhrzeit sehr beliebt und viele Touristenbusse mit Rentnern verursachten etwas Tumult auf dem Vorplatz. Nach einer kurzen Verbeugung am Haupttor führte der Weg zunächst ebenerdig zum ersten Highlight durch den Wald. Am Weg stehen übrigens bis zu 400 Jahre alte Zendern, die bis zum Tempel auf dem Berg den Wanderer begleiteten. Hinzu kamen weitere kleine Holzschreine, die speziellen Göttern oder Wünsche gewidmet waren. Auch hier passierte der Wanderer alle paar Meter einen Schrein.
Nach ein wenig Wegstrecke erreichteten wir den Jiji-sugi Baum. Sein Alter wurde auf über 1000 Jahre geschätzt und misste am Boden eine Breite von 10,5 Metern. Er ist auf dem Berg Haguro nicht nur einer der ältesten, sondern auch größen Bäume. Ich fragte mich wie viele Taifune er wohl überlebt hatte.
Die fünf Stöckige Pagode
Bereits in Reichweite war die fünf stöckige Pagode des Haguro Berges. Die heutige Form reichte ins 14. Jahrhundert zurück. Das Dach ist im alten japanischen Stil errichtet und mit typischen ornamenten verziert. Sie gilt als eine der schönsten Pagoden Japans und war auch reichlich besucht. Zumindest endeten die Touristenströme hier, da der Weg nun steil wurde.
Nun wurde es anstregend. 1500 Stufen galt es zu erklimmen. Wenigstens waren diese wie in Monzen auch in kleinen Abständen in den Berg gesetzt, sodass man auf einen Schritt zwei übersteigen konnte. Das Wetter war angenehm warm, der Pfad abwechslungsreich. Neben uns trauten sich einige Stadttouristen den Anstieg ebefalls zu, wobei ich sehr froh war, keine Stöckelschuhe getragen zu haben.
Es kamen immer wieder Gruppen von oben runter. Diese Möglichkeit hatten wir natürlich auch besprochen, wollten aber unsere Kniescheiben lieber schonen und stattdessen den Weg nach oben nehmen.
Nach etwas einer Stunde erreichten wir die ersten Tempelgebäude, in denen auch Betrieb herrschte. Für uns ging es dennoch weiter – zum Haupttempel dieser Anlage. Wir durchquerten den roten Toreingang und trafen auf dem Hauptplatz.
Es befanden sich drei Schreine auf dem Platz, wobei der Haguro Sanjin Gosaiden Schrein das Hauptaugenmerk auf sich lenkte. Er vereint die Gottheiten der drei Heiligen Berge in seinem Heiligtum. Die Dachkonstruktion geht auf einee Technik aus dem Mittelalter zurück. Als wir ankamen wurde diese gerade erneuert. Vor dem Schrein wurde ein Teich angelegt, der als Spiegelelement im Shintoismus eine wichtige Rolle spielt.
Wir besichtigten alle Schreine und wanderten über den Platz, der erstaunlich leer war. Dabei viel uns eine Kugel in der Mitte des Platzes auf, die nach 1945 erstellt wurde und für den Weltfrieden stand.
Müde warteten wir auf den Bus, der uns zum Bahnhof brachte. Heute Abend gingen wir nicht mehr aus, sondern direkt ins Bett. Für den morgigen Tag war ein Check-out wieder an der Tagesordnung.
Hatte ich das richtig verstanden, dass das erste Tempeloberhaupt des Kaikoji Tempels 8 Jahre sitzend in der Kiste verbracht hatte?? Kaum vorzustellen!!
Er hatte da das Amt an seinen Nachfolger abgegeben und der Überlieferung nach saß er die letzten 8 Jahre seines Lebens unter der Erde. Es ist auch unvorstellbar.