Heute war check-out und letzter Tag in der Region Yamagata. Dies wollte ich mit einem Stadtbesuch in Yonezawa abschließen. Es sollte diesen Tag regnen und so ließen wir dafür ein Wanderungprogramm aus. Da wir unser großes Gepäck im Hotel unterbrachten, fuhren wir nach dem Stadtbesuch in Yonezawa wieder zurück nach Yamagata und danach weiter zu unserer nächsten Location in Sendai.
Seidenmanufraktur in Yonezawa
Yonezawa lag südlich von Yamagata in den Bergen uns war mit dem Shinkansen schnell und komfortabel erreichbar. Einst wurde die Stadt durch den Uesugi Clan stark geprägt, der die Seidenmanufraktur im 18. Jahrhundert stark förderte. Der heutige Matsugasaki-Park stellte die Umrisse der vergangenen Burg des Clans dar. Heute sind davon nur noch der Uesugi-Schrein und eine Grabstätte davon übrig.
Für mich war ganz klar, nach einem Seidenmuseum oder Ähnlichem zu suchen. Daher fragte ich an der Touriinfo nach und bekam einen bestimmten, unmarkierten Punkt auf der Karten zugewiesen. Bis auf den Park konnte man uns nicht mehr an Sehenswürdigkeiten empfehlen. Da alles gut zu Fuß erreichbar war, gingen wir auch schon los. Das Stadtbild von Yonezawa glich dem der letzten Städte und war sehr schlicht. Wir diskutierten, ob es bei uns in den Dörfern oder abseits der Tourismusströme ebenfalls so trist und eintönig aussah. Immerhin hatte Bayern sehr schöne Fachwerkhäuser und alte Bauerhöfe auf dem Land, die immer gepflegt wurden.
Die lokale Weberei
Nach ca. 20 Minuten Fußweg erreichten wir in einer Nebenstraße die Markierung der Touriinfo. Es war eine alte Manufraktur, in der ich ein Museum oder eine Ausstellung der Weberzeugnisse vermutete. Tatsächlich handelte es sich um einen reinen, großen Verkaufsraum der lokalen Weberei.
Keine Werksführung, kein Museum – aber sehr schöne Erzeugnisse. Da wir die einzigen Kunden waren, wurden wir sehr ausgiebig gleich von zwei Angestellten und dem Chef beraten. Ähm ja… wie konnten wir ihnen zu verstehen geben, dass wir nicht das Geld hatten uns einen Schal aus 100% Seide zu kaufen?
Zunächst wurde unsere Geschicklichkeit an einem alten Webstuhl getestet. Ich war natürlcih die erste, die von einer Angestellten kurz angeleitet wurde. Nun ja, es war jetzt kein komplizierter Mechnismus und meine Besuche aus dem TIM Augsburg (Textil Industrie Museum) zahlten sich aus, da ich mich mit dem Webstuhl auskannte. Auch Alfred durfte ran und konnten ebenfalls ein großes Stück vom Teppich weben.
Wir unterhielten uns mit dem Chef etwas über Deutschland und natürlich dem Oktoberfest. Auch die Tracht wurde besprochen und wir zeigten Fotos und Videos von der Wiesn, was alle sehr beeindruckte. Dann sagte der Chef kurz und schnell etwas zu seinen Mitarbeiterinnen und schon wurde ich in einen hinteren Teil des Ausstellungsraumes gezogen. Dort wurde mir ein zweiteiliges japanisches Alltagsgewand über die Kleidung angezogen.
Neben dem rosa farbigen Rock bekam ich das gleichfarbige Oberteil. Die Übergänge wurden von einem Obi bedeckt, einer Art Gürtel, die man zu Kimonos verwendet. Ich muss schon sagen, dass die Kleidungsstücke etwas unbequem waren. Im Gegensatz zum Dirndl konnte man hier nicht wirklich mehr etwas essen oder trinken, da der Obi keinen Platz mehr zuließ. Auch die Beinfreiheit war eingeschränkt, weshalb ich nur in kleinen Schritten durch den Raum gehen konnte. Zusätzlich trug ich Holzsandalen, die auch an den blasenbesetzten Füßen sehr unbequem waren. Auch Alfred wurde kurzerhand eingekleidet, was nur halb solange wie bei mir dauerte. Sein Kleidungsstück war ca 1000 Euro wert. Übrigens: wir hatten beide keine Kimonos an, was sehr oft betont wurde, sondern nur eine Art Alltagskleidung.
Es war ein riesen Spaß, aber auch wie kompliziert es war, traditionelle japanische Kleidung anzuziehen. Nicht einfach so schnell ins Dirndl schlüpfen und dann gleich los. Das war bei dieser Kleidung absolut nicht umsetzbar. Dennoch war dies eine sehr interessante und imposante Erfahrung, die wir machen durften. Neben unseren machten auch die Angestellten Fotos zu Ausstellungszwecken und gaben uns im Gegenzug als Dankeschön sogar kleine Handtücher für Onsen mit. Für uns ein absoluter Geheimtipp!
Im Matsugasaki-Park
Nachdem wir uns vom Personal der Weberei bedankt hatten, führten wir unseren Weg zum Matsugasaki-Park weiter fort. Wir gelangten an eine Brücke auf der viele Schulmädchen waren. Sie blickten ins Wasser und Streckten ihr Hände aus. Über der Wasseroberfläche machten sie damit Auf-Zu-Bewegungen. Neugierig traten wir heran und sahen viele große Karpfen im Gewässer. Die Fische schauten zu uns auf und öffenten dabei die Münder. Die ganze Szene sah etwas skuril aus, dennoch mussten auch wir das ausprobieren. Und tatsächlich war innerhalb von einer Minute ein ganzer Schwarm von Karpfen über unsere bewegenden Händen versammelt und hoffte auf Fischfutter.
Der Park selbst war Schlicht gehalten, der Clan Tempel zentral gelegen. Wir konnten auf den dünnen Pfaden selbst wieder zur Ruhe kommen und die Umgebung auf uns wirken lassen.
Next station: Sendai
Wieder zurück im Hotel ging es für uns mit dem nächsten Shinkansen über Fukushima nach Sendai. Wir mussten uns beeilen, da sich bereits jetzt schon erste Abweichungen der Abfahrtpläne wegen eines Taifuns bemerkbar machten. Mit Abweichung war eine frühere Abfahrt, nicht später wie in Deutschland, gemeint 😉
Gegen Spätabends kamen wir in Sendai an und waren auf Anhieb von der Stadt und ihrem bunten Treiben begeistert. Für Fußgänger war der gesamt Bahnhofsplatz eine extra Passage über die Busabfahrten gebaut worden, was damit Autos von den Fußgänger im Straßenverkehr ebenfalls trennte. Leider galt dieses System nur für den Bahnhof, danach mussten wir wieder auf der Straße neben den Autos laufen. Das Kiko Hostel war etwas verwinkelt und nicht auf Anhieb leicht zu finden. Es war aber auch das einzige Hostel was uns für das Wochenende aufgenommen hatte.
Und da waren wir nun und klingelten an der Türe. Eine freundliche junge Dame öffnete uns und wir checkten erst mal ein. Zu allem Glück verkündete sie uns, dass wir für das gesamte Wochenende ein eigenes Zimmer bekommen würden, da viele Gäste vorzeitig wegen eines Taifuns abgereist sind. Der erste Moment wo wir in aller Stille uns bei dem Taifun bedankten, denn das Festival war bereits für den ersten von zwei Tagen abgesagt worden. Unser Zimmer war ein Raum im japanischen Stil mit Tatamimatten ausgelegt. Duschen, Waschbecken, Toiletten, sowie zwei Küchen und ein Wohnzimmer teilte man mit anderen Backpackern und dem Staff (Mitarbeitern), das teilweise im Hostel wohnte.
Es dauerte nicht lange, da saßen wir auch schon mit dem Staff und Gästen auf einer Chouch, redeten über eigene Erfahungen und tauschten Infos aus. Achja: und es gab natürlich auch Bier und Sake 😉