Etwas verkartert standen wir in der Früh auf, denn heute hatten wir noch einiges vor. Zunächst suchten wir nach einem Ramenrestaurant, das zum besten Katerfrühstück der Welt wird. Eine Portion Ramen und danach sieht die Welt wieder besser aus. Ich denke, das werde ich am meisten in Deutschland vermissen.

Eine neue Frisur

Etwas fitter galt es nun einen bestimmten Friseursalon aufzusuchen. Misa, unsere japanische Freundin, ist Friseurin und bot schon bei unseren ersten Treffen in Sapporo Alfred einen Haarschnitt an. Dieses Angebot nahm er nun in Sendai sehr dankend an. Es war eine Herausforderung nach einer bestimmten Adresse in Japan zu suchen und dort pünktlich anzukommen. Der Salon war in einer Einkaufspassage über einen kleinen Eingang kaum zu finden und im 3 Stock. Von außerhalb war es nahezu unmöglich darauf zu schließen, dass hier ein kleiner Salon mit 4-5 Friseuren war. Zum Glück finden wir schnell das Geschäft, wo Misa auch schon auf uns wartete. Unsere Rucksäcke und Taschen wurden in einem kleinen Spint abgeschlossen, um so Platz im Laden zu schaffen. Während ich wartete, hörte ich Misa und Alfred über Ecken lachen und reden. Ich selbst saß im Empfangsraum auf der Couch und las über ein Tablet Zeitschriften über japanische Mode, Einrichtung, Gerichte, Stars und Animes. Nach gut einer Stunde waren die beiden fertig. Später erzählte mir Alfred, dass Misa sich für den europäischen Haarschnitt sehr konzentriert habe.

Top gestylt – dank Misa 🙂

Regionale Spezialität

Für Misa war das übrigens der erste europäische Haarschnitt mit europäischem Haar. Die Japaner tragen lieber kurze Haare, bzw Bob. Nachdem sie fertig war, warteten wir im Geschäft auf Tomo und gingen zusammen los zum Mittagessen. Wir wollten die regionale Küche in Sendai ausprobieren und suchten nach so einem Lokal. Inzwischen regnete es immer stärker, die erste Vorhut des in der Nacht ankommenden Taifun Hagibis waren zu spüren. Doch die Japaner ließen sich nicht davon beindrucken, das Geschäftsleben lief hier ganz normal weiter. Im Lokal bekamen wir einen japanischen Raum mit westlicher Sitznische, wie in Sapporo geboten. Auf der Speißekarte wurde Kuhzunge in diversen Variationen angeboten. Man konnte sie in einer Suppe oder gegrillt im Menu essen. Wir wählten zweiteres und bekamen acht Schreiben in zwei unterschiedlichen Zubereitungsarten serviert. Einige Scheiben waren mit einer Misosoße, andere nur mit Salz gebraten. Dazu gab es Reis, eigelegtes Gemüse und eine Oschenschwanzsuppe. Die gegrillten Zungen waren gut. Fleisch mit wenig Fett und neutraler Geschmack. Die Suppe war nicht mein Fall und musste von Alfred gegessen werden.

Während des Essens unterhielten wir uns über die Unterschiede der japanischen und deutschen Sprache. Misa und Tomo lernten gerade Deutsch, was uns sehr beeindruckte. Und sie konnten auch ch-Laute problemlos aussprechen, was für manche Asiaten eine Herausforderung darstellte. Nach dem Essen verabschiedeten wir uns und machten auch schon unser nächstes Treffen für den nächsten Tag aus. An unserem letzten Abend in Sendai wollten wir es noch einmal krachen lassen.  

Yummi 😀

Don Kihote – das Mega-Einkaufszentrum

Was wir bisher den beiden verheimlichten: wir wollten eine der Hostelküchen nutzen und morgen mit den beiden deutsche Gerichte kochen. Dafür brauchten wir ein größeres Einkaufszentrum für Lebensmittel, als der allbekannte Konbini. Diese hatten nicht nur eine begrenzte Auswahl, sondern waren auch sehr teuer. Zufälligerweise war direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Einkaufszentrum, mit dem Namen als Anlehnung des spanischen Don Quijote. Das Kaufhaus streckte sich über fünf Stockwerkwerke und war bis in die Decke gefüllt mit Ware. Die Gänge waren eng und man musste aufpassen, nicht gegen eines der aufgestapelten Waren zu stoßen. Es gab von nahezu jeder erdenklichen Sparte mindestens 4-8 verschiedene Varianten zu kaufen. Ich war besonders über die Kosmetik erstaunt. Eigentlich wollte ich nur einen Maskara kaufen, gab aber schließlich die Suche auf, da sich alle möglichen Sorten sich über 3 Gänge erstreckten und unsortiert waren. Aus allen Ecken wurde man von Musik beschallt, besonders vom Ladeneigenen Lied, das irgendwann zu einem Ohrwurm wurde. Auch an Werbebildschirmen wurde nicht gespart, die sogar Werbespots direkt neben den Preisschildern abspielten. Wir checkten die Stockwerke nach Lebensmittel und fanden, dass wir für unsere Gerichte sicher die richtigen Lebensmittel finden werden.

Das Maskotchen des Ladens

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Vom Winde verweht

Dann wurde es auch für uns Zeit zurück ins Hostel zu gehen. Auch der Heimweg war sehr verregnet und etwas windig.

Das junge Hostel-Staff sah den ankommenden Taifun entspannt entgegen. Schließlich sollte er laut japanischer Wetterbehörde Sendai eh nur streifen. Es wurde gemeinsam japanisches Essen gekocht. Viele kleine Gerichte, die man dann mit Reis kombinieren konnte. Es floss auch genüsslich Bier und Sake und wir diskutierten über den in Tokio angerichteten Schaden durch den Taifun.

Dann änderte sich plötzlich alles. Auf den japanischen Handys gingen von einer Sekunde auf die nächste lautstarke Meldungen ein. Eine Warnung: der Taifun hatte sich gedreht und nahm Fahrt auf Sendai zu. Es war wie ein Liveticker: Ab diesen Moment gingen regelmäßige Nachrichten über die Warnstufenerhöhungen der jeweiligen Regionen vor Sendai ein und informierten die Japaner. Auch der Taifun wurde bereits hoch gestuft und so langsam setzten sich die ersten Mitarbeiter in Bewegung, um das Hostel Taifunsicher zu machen.  Natürlich halfen wir, Eric und der Spanier Guillermo tatkräftig mit. Wir sind inzwischen ein eingefleischtes Team geworden. Die Arbeit wurde automatisch in Geschlechter eingeteilt: Die Frauen befüllten Plastikmüllsäcke mit Wasser. Diese sollten dann in die Toiletten, Duschen und Waschbecken im Haus gelegt werden. Das Gewicht sollte den von unten kommenden Wasserdruck Stand halten. Die Männer hingegen befreiten den Eingangsbereich von Regalen und Gegenständen und versuchten provisorische Lösungen zu finden, sollte das Wasser ins Haus eintreffen. Zwar lag das Hostel zwei Treppenstufen etwas erhöht, doch eben nicht am Hang. Nach getaner Arbeit hieß es Abwarten und Sake trinken. Das Wasser stieg immer höher in den Straßen und die ersten parkten ihr Auto auf der nähren Anhöhe um. Auch die erste Treppenstufe stand schnell unter Wasser.

Ich packte nur für den Fall einer Evakuierung unsere allerwichtigsten Sachen in einen Rucksack und legte mich dann schlafen. Der Regen, der auf das Dach prasselte, hatte trotz der Gefahrensituation eine einschlafende und beruhigende Wirkung auf mich. Mehr konnte man auch nicht tun.

Alfred stattdessen blieb wach und feierte mit den Mitarbeitern und den restlichen Backpackern eine kleine Taifunparty mit viel Sake, Bier und weitere Getränke. Leider waren die Toiletten nicht mehr nutzbar. Dafür wurden provisorisch Kartonagen mit Plastiktüten, Katzenstreu und Damenbinden gefüllt.

Das ist also die Toilette für diese Nacht…

Gegen 3 Uhr war der Sturm vorbei und Alfred traute sich auch gleich ins Freie. Seine Mission: hatte der 7eleven den Sturm überstanden und ist der Laden auch noch offen? Als er die 10 Meter in der Nacht zum Laden ging, waren die Straßen immer noch beleuchtet und das Wasser, das in unserer Straße zuvor stand, schon komplett abgeflossen. Ach ja: und der 7eleven hatte tatsächlich offen! 😀 😀