Ankunft
In der Nacht kamen wir in Kagoshima an und schnappten erst mal nach Luft. Es war schwül, warm und feucht – etwas das für mich mit langen Haaren nicht optimal war. Um das Hotel zu erreichen, liefen wir zunächst einen Kilometer in die Stadt. Vorteil: das Hotel war sehr zentral gelegen, was für die Stadtbesichtigung am folgenden Tag praktisch war. Wir hatten auch nur für eine Nacht gebucht, ergo einen Tag uns Stadt und Land anzuschauen. Eigentlich hatten wir Kagoshima nicht eingeplant, wollten dennoch die südlichsten Punkte von Japan kurz anschauen -daher entschieden wir uns für einen Tagestripp mit Übernachtung.
Auf dem Weg zu unserem Hotel staunten wir nicht schlecht: die vielen kleinen Bars waren gefüllt mit jungen Menschen. Aus allen Ecken hörte man Gelächter und Gespräche. Es war eine angenehme Atmosphäre, in die man direkte eintauchen wollte. Während wir das Ausgehviertel passierten, sahen wir, dass just im Moment Japan gegen Südafrika in der Rugby-WM spielte. Zu diesem Moment sah es nicht besonders gut für Japan aus.
Schließlich erreichten wir das Hotel und checkten ein. Als wir wegen dem Spiel nachfragten, hieß es, dass Japan leider verloren hatte und damit aus der WM ausgeschieden sei. Schade, dachte ich. Zumindest das Halbfinale hätte ich ihnen sehr gegönnt. Aber Rückblicke im Fernsehen zeigten, dass die Japaner absolut keine Chance gegen Südafrika hatten. Sie waren einfach zu stark. Für den Rest des Abends blieben wir auf dem Zimmer und gönnten uns etwas Zeit und Zweisamkeit. Die Dormitories (ein Raum, in dem viele Gäste schlafen) waren doch auf die Dauer etwas anstrengend gewesen, da man immer wieder den einen oder anderen schnarchen hörte und man selbst wenig Platz hatte.
Das Riesen-Auquarium
Unsere erst Aktion in Kagoshima war der Kauf eines Tagestickets für alle Öffentlichen, das mit umgerechnet 5 Euro pro Person kostengünstig war. Das Besondere: Man musste selbst Jahr, Monat und Tag frei rubbeln, wie beim Rubbellos. Da es in der Früh etwas regnete, entschied ich mich für einen Aufenthalt in einem Gebäude, wofür sich das städtische Auquarium von Kagoshima prima anbot. Es gehörte übrigens zu den größten in Japan und da ich von dem Letzten in Tokyo etwas enttäuscht war, wollte ich hier die Gelegenheit nutzen.
Es war wirklich riesig und ging über 4 Stockwerke mit Meereskunde und Beschreibungen der lokalen Ströme und Meeresbewohner. Übrigens: Kagoshima ist von einer warmen Meerenströmung umgeben, von der man nur vermutet, woher sie genau kommt. Wir verbrachten über drei Stunden im Aquarium und kamen aus dem staunen nicht mehr raus. Eine Delphinshow rundete das ganze Erlebnis ab – unsere erste by the way. In einem Aufenthaltsraum hatten wir eine gute Sicht nach draußen und bewunderten die gegenüber liegende Vulkaninsel Sakurajima, mit einem aktiven Vulkan. Der rauchte auch ganz schön viele, große Wolken in den Himmel und zeigte, dass von dort nach wie vor Gefahr ausging. Leider hatten wir nicht mehr Zeit gehabt, mit der Fähre rüber zu fahren, besser noch auf einer der Spitzen zu wandern. Doch an der Touriinfo winkte man uns schon ab. Zu gefährlich sei dieses Unterfangen, zumal viele giftige Gase aus dem Krater raus kämen.
Aussicht auf dem Berg Shiroyama
Nachdem der Regen sich gelegt hatte, klarte auch der Himmel etwas auf. Mit dem Sightseeingbus fuhren wir auf dem Berg Shiroyama. Dabei passierten wir eine Höhle, die in der Lokalgeschichte eine wichtige Rolle spielte. Im 19. Jahrhundert zerstritt sich Samurai Saigo Takamori mit der Meji-Regierung, da er die alten Rechtsstände bewahren wollte. Er sammelte 10000 Soldaten und zog nach Tokyo, verlor aber gegen die Übermacht der Regierung. Wieder zurück in Kagoshima verschanzte er sich mit wenigen Getreuen auf dem Berg Shiroyama, bis er am 24. September 1877 Selbstmord begann. Heutzutage wird diese Person als Inbegriff des Lokalpatriotismus gefeiert und in einem Tempel verehrt.
Auf der Spitze des Berges angekommen legten wir einige Meter Fußweg zurück, bis wir die Aussichtsplattform erreichten. Wir durchquerten den Wald, der mit Vogelgeräuschen und Zikaden und auch seines dichten Gestrüpps etwas an den Urwald erinnerte. Über 600 verschiedene Pflanzenarten konnte man bisher dort finden. Der Ausblick bot eine wunderbare Sicht auf den Vulkan Sakurajima, der immer noch vor sich hin rauchte.
Mit dem Sightseeingbus durch die Stadt
Es war bereits Nachmittag und wir hatten nur noch wenige Stunden für Kagoshima. Daher setzten wir uns in den Sightseeingbus und fuhren alle restlichen Stationen an. Am interessantesten war die Station eines ehemaligen Fabrikgeländes von 1852, das die Waffen-, Glas-, Keramik- und Schiffsteilproduktion in Kagoshima präsentierte. Es zeigte auch die industrielle Blütezeit Kagoshimas unter der Familie Shimazu, von der in der Gegend einige Familiensitze zu besichtigen sind. Nicht zufällig wurde hier das erste moderne japanische Kampfschiff erbaut. Leider konnten wir das Gelände nicht besuchen, da dafür die Zeit zu knapp war.
In dem Riesenrad auf dem Dach des Bahnhofs
Wieder zurück am Hotel holten wir unser Leichtgepäck ab und fuhren damit zur JR Station. Wir waren über 2 Stunden früher am Bahnhof, da wir in Ruhe Abendessen wollten und eine Fahrt im Riesenrad auf dem Dach noch mitmachen wollten. Ziel: den Sonnenuntergang anschauen. Wir mussten keine 5 Minuten warten, als wir die Tickets in der Hand hatten und wir nach der Gondelart gefragt wurden. Es standen normale, Pokemon- oder Glasgondeln zur Auswahl. Ehe ich etwas sagen konnte, entschied Alfred für uns die Glasgondel. Kaum saßen wir drinnen, ging mir ein Licht auf: es ist alles aus Glas, wir sind auf dem Dach des Bahnhofs und ich bin nicht Schwindelfrei. Uns beiden kam der gleiche Gedanke und wir schauten uns mit einem „Upsi, dieser Gedanke wurde nicht zu Ende gedacht“-Gesicht an. Dann ging es auf in die Höhe und ich bekam Panik und den Schrecken meines Lebens. Ich kniff die Augen zusammen, um weder Boden noch irgendetwas sehen zu müssen und hielt mich krampfhaft an den Türen fest. Alfred, ganz schlau, stellte mir zwischendurch Rechenaufgaben und konnte damit nicht nur Zeit überbrücken, sondern mich auch ablenken. Aber er fand die ganze Szene schon zum Brüllen 😀
Eeendlich unten wieder angekommen ging es gleich in Richtung Shinkansen. Unser nächstes Ziel wartete bereits auf uns.
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