Heute schliefen wir etwas länger aus. Die letzten Nächte waren kurz und zurück in die Großstadt war für uns eine Umgewöhnung. Ich musste zugeben, dass wir für den heutigen Tag absolut keinen Plan hatten und Wetter, Stadt, Leute, Touristen und Orientierung zunächst auf uns wirken lassen wollten. Gegen mittag ging es für uns dann in Richtung Gion Viertel, dem Vergnügunsviertel von Kyoto und auch für die Geisha-Häuser dort bekannt war. Es war schon alles etwas voller und lauter. Auf dem Weg zum Viertel trafen wir auf einige Touristengruppen, die auf Leihrädern durch die Gassen rasten. Den einen oder anderen auch bereits angetrunken. Spätestens zu diesem Zeitpunkt zählte schon für Alfred Kyoto nicht zu seiner Lieblingsstadt. Wir gelangten über eine Templeanlage in einen groß angelegten Park, in dem wir uns eine Pause gönnten, die warme Sonne genossen und die schönen Kimonos der Japanerinnen bestaunten. Man sah immer wieder festlich gekleidete Japaner und Japanerinnen in Kimonos durch die Straßen gehen.
Spazieren in Kyoto ohne Plan
Später machten wir einen kurzen Abstecher durch das Gionviertel, in dessen Gassen nostalgisch alte Häuser immer noch standen. Auch wenn alles abgeriegelt war und alle paar Meter eine Touriführung sich durch die Gassen quetsche, konnten diese Punkte die besondere Atmosphäre nicht ändern. Leider trafen wir in den Gassen nicht auf eine Geisha, was bereits als Glücksfall galt. Über Gion gelangten wir an den Fluss Kamo-gawa, an dem man entlang spazieren konnte. An einer Brücke gelangten wir an die Touristinformation, die uns einen Maiko-Tanz am gleichen Abend empfahl.
Wir nutzten die verbliebenen Stunden, um mit dem Bus zum kaiserlichen Garten zu fahren. Den Palast konnte man sich übrigens umsonst anschauen, allerdings nur mit Voranmeldung in der Früh und mit Pass. Bisher hatten wir es nicht geschafft dorthin zu gehen, da wir meist in der Früh auf dem Weg zu weiteren Stationen waren und der Kaiserpalast zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte. Der Garten wäre im Frühling, bzw. Sommer mit Blumen sehr schön gewesen, doch am heutigen Tag wirkte er etwas unspektakulär mit den Pinienenbäumen und breiten Wegen.
Neben dem Palast war in Backsteingebäuden die Universität von Kyoto, auf dessen Campusgelände wir uns kurz umschauten. Die Studenten wirkten entweder sehr lässig oder super gestresst. Die Gebäude erinnerten mich eher an ein Collage in England. Die englischen architektonischen Einflüsse waren nicht zu übersehen, von Japanischem keine in meinen Augen erkennbar.
Die Maiko-Show
Dann wurde es auch schon Zeit. Mit dem Bus erreichten wir überpünktlich das Gebäude. Zwar war keine Reservierung notwendig, allerdings waren die Sitz- und Stehplätze auch begrenzt. Wer zuerst kommt…
Wir kamen ca. 20 Minuten vor dem Kartenverkauf an und sahen bereits eine lange Schlange vor uns mit westlichen Touristen, die ungeduldig stand oder schon auf dem Boden lagen. Ich war mir im nächsten Moment nicht mehr sicher, ob es sich hierbei wirklich um eine Maiko-Show oder Touristenfalle handelte. Genau das gleiche fragte uns auf englisch ein Tourist aus Neuseeland hinter uns. Wir kamen ins Gespräch und dank ihm verflog die Zeit wie im Flug.
Glücklicherweise fanden wir drei einen Platz in der ersten Reihe und feierten uns dafür. Dann ging es auch schon los. Die Show zeigte neben den Maikos auch Auszüge traditioneller Vorführungen, wie Teezeremonie, Ikebani mit musikalischer Begleitung oder auch Theater.
Den Hauptteil bildete der Maiko-Tanz. Maikos, das sind Mädchen in Ausbildung zur Geisha. Zum Ausbildungsihnalt gehören vor allem der Tanz, der bis in die Fingerspitze perfektioniert werden muss. Heute Abend wurden zwei Tanzstücke vorgeführt, die für meine westlichen Augen kaum unterscheidbar waren. Auch in der Mimik konnte man keine Regung erkennen. Mich faszinierten die schnellen Handbewegungen, dann kurz eine Position einnehmen um dann wieder in die nächste Bewegung abzuleiten. Der Tanz war sehr interessant und unverständlich zugleich.
Bars in Kyoto
Nach dem Besuch wollten wir den Abend mit einem Gläschen Sake ausklingen lassen. Da wir nicht in eine der von Touristen überfüllten Bars gehen wollten, suchten wir abseits des Stroms. Die geeigneten Bars waren leicht gefunden – jedoch wurde uns der Eintritt verwehrt. Viele authentische Bars waren nur für Japaner und wollten gezielt keine Touristen bei haben. Egal, wie leer diese Geschäfte auch waren. Hin und wieder bekamen wir zu spüren, dass es eventuell einen Zweiklassentourismus in Japan gäbe, doch hier in Kyoto wurde meine Befürchtung bestätigt. Ich war unglaublich angepisst auf die schroffen abweisungen. Dennoch: wir wollten nicht aufgeben, es musste doch eine Bar in Kyoto geben, die Ausländer bei sich akzeptiert und dennoch authentisch war. Und wir fanden diese Bar! In einer kleinen Seitengasse durften wir eintreten und fanden auch mit den japanischen Betreibern, sowie den Gästen sofort Anklang. Es war ein richtig guter Abend! Wir tranken alle gemeinsam sehr viel Sake, beklagten uns über die anderen Bars (in anderen Großstädte wie Osaka war das anscheinend auch ein Problem) und trafen auf unterschiedliche Personen. Da war die Tochter eines Priesters, die Musik in Amerika studierte und nun in Kyoto als Jazzspielerin groß raus kommen wollte. Ihr Freund, ein Amerikaner, betrieb in Osaka eine Kaffeebar und kam zu Besuch nach Kyoto. Eine Japanerin mit blonden Haaren trat ein, sie war ebenfalls Barbetreiberin und hatte ihre gerade geschlossen. Wir unterhielten und stellten fest, dass sich alle Barbetreiber in Kyoto gut kannten. Allgemein waren die dort lebenden Menschen eine eingeschworene Gemeinschaft und verschlossen gegenüber Ausländern. Das absolute Gegenteil zu dem, was wir auf Hokkaido oder der Akita Region erlebt haben.
Spät in der Nacht ging es für uns dann auch zurück in Richtung in Richtung Hotel, mit der Erkenntnis, dass Großstädte nicht unser Ding waren. Auch wenn dieser Abend ein richtig gutes Ende hatte – hatte das alles einen Nachgeschmack.