Heute war ein Tagesausflug außerhalb von Hiroshima geplant. Es ging zu der heiligen Insel Miyajima, die ich im vorigen Post kurz genannt hatte. Die heilige Insel ist seither als beliebtes Touristenziel auch unter Japanern bekannt. Obwohl die Insel gerade mal 30 Quardratkilometer groß ist, ist sie sehr gebirgig und mit vielen Schreinen besetzt.
Der bekannteste von ihnen ist der Itsukushima Schrein, der für seine Pfahlbauweise und typischen roten Farbe berühmt ist. Bei Flut sieht es aus, als ob der Schrein schwimmen würde. Leider konnten wir dieses Bild nicht mehr sehen, da wir bei Ebbe ankamen. Der Itsukushima ist den Töchtern der shintoistischen Windgottheit Susanoo geweiht und soll bereits 539 errichtet worden sein.
Mit dem Zug war es nur ein Katzensprung bis zum Bahnhof und zur Fähre. Alle 15 Minuten fuhren Fähren zur Insel, wobei eine im JR Pass enthalten war. Es war auch perfektes Timing. Die Fähre wartete auf die Reisenden vom Bahnhof und schiffte die Touristen ebenfalls in knapp 10 Minuten rüber nach Miyajima.
Dabei wurde auch ein Bogen an dem Tori vorbei gefahren, dass, wie bereits erwähnt, restauriert wurde. Als wir im Ort ankamen, fielen uns sofort die zahmen Hirsche und Rehe auf, die entspannt zwischen den Touristen umher gingen. Man sollte sie zwar nicht füttern, dennoch versuchen sie etwas von den Snacks zu erhaschen 😉 Wir kamen übrigens bei Ebbe auf Miyajima an und konnten sogar bis zum verpackten Torii gehen.
Der Itsukushima Schrein
Wir gelangten an den Ort und steuerten direkt den Itsukushima Schrein an. Mittlerweile füllten sich die Straßen mit vielen Schulklassen, die sich wie eine Masse in Richtung Schrein bewegten. Wir ergriffen die Flucht nach vorne, mussten aber im gleichen Moment feststellen, dass auch auf dem Schreingelände Schüler um Schüler standen. Es half nichts, da mussten wir durch. Wir zahlten Eintritt und gelangten auf das Gelände. Über einen langen roten Gang ging es zum Heiligtum, wo gerade eine Andacht statt fand. Wir kamen an Talismanverkaufsständen vorbei, wobei ich hier auf einen Stempel für meine Goushuin-chou zunächst verzichtete. Auf der ältesten Theaterbühne Japans versammelten sich die Schulklassen für Gruppenfotos. Für uns blieb etwas Platz für ein Selfie 😉
Der Daishoin – Tempel
Ich habe gelesen, dass zum Anlass des Besuches des Dalai Lama ein Sandmandala erschaffen und seit dem Konserviert wurde. Das musste ich mir natürlich anschauen. Allein am Weg zum Tempel konnte man Gebetsmühlen drehen. Durch ein gewaltiges Tor gelangten wir auf die Tempelanlage und merkten schnell, dass das kein gewöhnlicher Tempel war. Auf dem ganzen Gelände waren verschiedene Buddahstatuen und Statuen lokaler Götter verteilt. Es gab alle paar Meter etwas Neues zu bestaunen, wie beispielsweise einer Höhle mit vielen kleinen Buddahstatuen. Pfade führten vom Hauptweg zu kleinen Schreinen am Berg oder zu weiteren Statuen in Felsnischen. Immer wieder ertönte der Gong einer Glocke, die die Besucher anstießen und damit eine spirituelle Atomsphäre über das Tempelgelände legten. Ich vergaß fast, weshalb ich dort war: Achja, das Sandmandala. Wir fanden es in einem Tempel, an dem wir sogar zwei mal vorbei gegangen waren. Innen sah der Tempel fast wie eine Rümpelkammer aus. Es fiel kaum Licht in die Halle und dort standen einige zusammengewürfelte Gottesbilder, Statuen, Landschaftsbilder usw. Darüber hinaus stand in einem Nebenraum eine tibetische Götterstatue in goldenen Farben, ca. 2 Meter groß. In diesem Raumteil standen auch einige Portraits des Dalai Lama und eine Fotoserie seines Besuches. Mittig im Tempel stand das Heiligtum des Tempels und davor ein Tisch mit einer pyramidenförmigen Glasabdeckung. Ich trat heran und konnte es endlich sehen. Das Sandmandala war in seinen klaren Linien und Farben so perfekt dargestellt, dass ich gleich zwei mal genauer nachschauen musste, um den Sand zu erkennen. Es hatte verschiedene Formen, die in die Mitte verliefen, in der eine Art Brunnen stand. Es sah sehr schön und anders aus, als ich es mir vorgestellt hatte. Dennoch ein Meisterstück und absolut sehenswert!
Wanderung zum Berg Misen
Links am Schrein führte ein Wanderweg direkt in die Berge von Miyajima. Der Weg führte durch ein Tal mit einem Wasserfall, Herbstbäumen und Warnschildern vor Schlangen. Immer wieder kamen uns Touristen entgegen, die mit der Seilbahn zum Berg hochgefahren sind. Der Weg war etwas anstrengend und man musste immer wieder Treppenstufen aufsteigen. Aber ohne Fleiß, … 😉 Zwischendurch erreichte man Aussichtspunkte bei denen einem auffiel, wie gebirgig diese Insel eigentlich ist.
Nach ca. zweieinhalb Stunden Aufstieg erreichten wir eine moderne, zweistöckige Aussichtsplattform mit perfekter Aussicht nach Hiroshima und über das Meer. Außerdem konnte man die Austernzucht im Meer erkennen.
Weiter unterhalb lag eine Tempelanlage mit verschiedenen Schreinen und Tempeln darauf, unter anderen der Gumoji-do Tempel mit der ewigen Flamme. An ihr wurde der Kenotaphs im Peace Memorial Park in Hiroshima entzündet.
Eigentlich wollte ich einen Stempel davon bekommen, doch zu diesem Zeitpunkt war leider kein Tempelmitarbeiter zu finden.
Schade. Dann wanderten wir den Weg entlang der Seilbahn wieder runter ins Tal und trafen dabei auf mehr Touristen. Wir erreichten schließlich den Hirsch-Park, in dem das Wild gemütlich graste, oder schlief. Dennoch ließen sie sich ungern von Menschen berühren. Am Wegesrand konnte man in Teehäuser einkehren, für uns, die bisher nur etwas Gebäck als Frühstück hatte, war das keine Option. Wieder im Ort zurückgekehrt suchten wir nach einem guten Restaurant sowie wieder den Itsukushima Schrein. Zumindest von diesem Ort wollte ich ein Unikat für mein Tempelbuch kaufen.
Die Nakabara Kagura Theater Gruppe in Hiroshima
Über die Touristeninformation hörten wir von einer Theateraufführung, die am gleichen Abend lief. Daher kamen wir bereits am Nachmittag zurück nach Hiroshima. Die Karten verkaufte man über das first come first serve Verfahren und ich sorgte mich darüber, dass viele Menschen kommen würden. Es handelte sich dabei um eine Mischung aus Tanz- und Theateraufführung alter japanischer Theatertradition, aufgeführt von Laien. Daher war der Eintritt auch günstig und reichte uns auch. Übrigens wurden beide Stücke von einer kleinen Musikgruppe begleitet, bestehend aus Trommlern, Flöte und Schellen.
Als wir das Gebäude 30 Minuten vor dem Kartenverkauf erreichten, gab es keine befürchtete Warteschlage. Stattdessen bekamen wir Zettel mit Nummern, die die Reihenfolge markierten. Wir sollten zum Kartenvorverkauf wieder erscheinen. Wir schlugen die Zeit mit Eisessen und sparzieren gehen tot. Zurück am Schalter stand bereits eine Warteschlage, bestehend aus japanischen Rentnern. Man fragte gleich nach unseren Nummern und schob uns einige Reihen nach vorne, bis wir bei dem Bereich unserer Nummern standen. Wir hatten 49 und 50. Hinter uns wurde ein alter Mann sehr unruhig, der immer wieder nach unseren Nummern fragte und sogar nach unserer japanischen Antwort auch unsere Karten sehen wollte. Obwohl er die Nummer 53 hatte und damit hinter uns stand, wurde er immer lauter und lauter und regte sich plötzlich furchtbar auf. Wir wussten gar nicht was los war, da keiner sonst mit uns rederte und der Alte immer schneller redete, bis er sich vor uns in der Reihe hinstellte. Wir sahen uns verdutzt an. Eine Rentnerin platzte dazwischen, sah sich auch unsere Karten und redete auf japanisch und englisch zwischen uns dem Alten hin und her, um die Situation aufzuklären. Nachdem er immer trotziger reagierte, gab sie es auf mit dem Satz „what a small mind!“. Sie entschuldigte sich für das Verhalten des Alten und gab uns sogar Coupons, die dein Eintritt vergünstigten. Wir wussten gar wie uns geschah, wollten aber auch nicht um den vorgedrängelten Platz kämpfen. Ziel war es einen Platz zu bekommen, egal wo. Nun regaierte eine weitere Dame hinter uns und verlangte nach dem Vorzeigen unserer Karten. Als sie sah, dass hier Unrecht geschah, ging sie direkt zum Alten nach vorne und klärte ihn auf. Mit etwas Verzögerung verstand er die Situation und zog sich hinter uns zurück. Puh, das war mehr Aufsehen, als uns recht gewesen war – als einzig junge Zuschauer und Touristen in der Warteschlange.
Es war übrigens nicht ansatzweise voll. Man hatte viel Platz und btw. auch freie Platzwahl. Später kamen weitere Touristen und auch eine Schulklasse hinzu.
Takiyasha-hime
Wir fanden zwei schöne Plätze, von denen aus man fotographieren durfte und waren froh um die Ruhe um uns. Erst in einer Stunde fing das erste Theaterstück an. Protagonistin war die Prinzessin Satsuki-Hime, traditionell gespielt von einem Mann, deren Vater in einer Schlacht gegen den übermächtigen Feind Fujiwara-no-Hidesato und Taira-no-Sadamori verstarb. Trauernd und wütend über den Tod ihres Vaters betete sie zu den Göttern und bat um Beistand. Es erschienen zwei Götter, die ihr mehr Macht verliehen und wodurch sie in einen Dämon verwandelt wurde. Mit neuen Kräften stellte sich nun Takiyashsa-hime (Name nach der Verwandlung geändert), ihrem Erzfeind entgegen. In der Schlacht wurde sie jedoch ebenfalls getötet und konnte ihre Rache nicht vollenden.
Charakteritisch für das übersinnliche waren vor allem die ruckartigen Kopfbewegungen, um die Perücken besser darzustellen. Auch die Hände wurden als Krallen oder Klauen geformt, um das Gefährliche aufzuzeigen. Alles in allem war das Stück sehr interessant und die Handlung auch für Touristen gut nachvollziehbar.
Yamata-no-Orochi
In dem zweiten Stück ging es um ein altes Paar, dessen Töchter von dem Schlangendämon Yamata-no-Orochi verschleppt wurden. Als die letzte Tochter übrig blieb, erschien der mächtige Gott Susano-o-no-Mikoto und bot den Menschen einen Plan an, um die letzte Tochter vor dem Schlangendämon zu verschonen. Durch eine List boten die Herrschaften dem Dämon Sake an, der vom Gott als Schlafmittel verzaubert wurde. Durch das Informationsheftchen verstanden wir, dass es sich um einen Dämon handelte, auf der Bühne waren allerdings drei Schlangen zu erkennen.
Nachdem das Getränk wirkte, überraschte der Gott die Dämonen im Schlaf und schlug jeder Schlange den Kopf ab. Nach seinem Sieg fand er im Körper eines Dämon ein heiliges Schwert. Nachdem er es der obersten Göttin Amaterasu präsentierte, ging er zu dem alten Paar zurück und heiratete deren Tochter.
Bemerkenswert waren die drei Schlangenkostüme, die gemeinsam viele Formen annahmen. Ab und an waren nicht alle Choreographien einheitlich, was aber nicht störte, da man die Schwierigkeit dieses besonderen Kostüms nachvollziehen konnte. Das Stück selbst war relativ kurz, da die Handlung schon mit dem Deal des Gottes an das alte Paar begann. Gut, dass es dazu eine englische Beschreibung gab.
Nachdem die Vorstellung vorbei war, durften die Zuschauer die Kostüme selbst anprobieren. In der Information stand, dass diese Kimonos bis zu 20 Kilogramm schwer werden konnten. Wir amüsierten uns und probierten gleich zwei Exemplare aus. Später trafen wir wieder auf die Rentnerin und kamen etwas ins Gespräch. Ursprünglich lebte sie mit ihrem Mann in Kalifornien, daher das gute Englisch, bis sie nach dem Tod ihres Mannes nach Japan zurück zog und nun ein Haus bei Hiroshima hatte. Sie lud uns sogar für eine Übernachtung ein, doch wir hatten ja bereits eine Bleibe.
Wir ließen den restlichen Abend mit einen Spaziergang ausklingen, suchten noch einmal einen Waschsalon auf und gingen zu Bette. Unser letzter Abend in Hiroshima.