Und wieder war ich von den japanischen Örtlichkeiten fasziniert. Da die Onsen in einer Wellnesshotelanlage waren, konnten wir dort zwar parken und campen, aber eben das Hotel nicht nutzten. Dafür standen zwei Toiletten, gut ausgebaute Plumpsklos, auf dem Parkplatz. In einem war sogar ein Kompostierungsverfahren, geleitet von einem öklogischen Instutitut. Was die Natur angeht, verstehen die Japaner keinen Spaß: in den Bergen durfte kein Müll liegen gelassen werden. Wenn der Wind eine Plastiktüte verwehte, wurde nach ihr suchen gegangen. Wenn man während der Wanderung mal musste, war es vorgeschrieben wasserdichte Toilettenbeutel zu verwenden, die man im Tal entsorgen konnte.  Der ökologische Fußabdruck des Menschen in den Nationalparks wurde in Japan sehr genau genommen.

Gegen 6:30 Uhr ging es für uns los. Die Route verlief durch Territorien der Bären, was mich schon etwas nervös machte. Zum Glück waren einige unerschrockene Japaner vor uns los – was mich beruhigte. Ich wollte nicht, dass wir die einzigen in den Bergen waren, auch wenn wir unser Bärenglöckchen dabei hatten.

Der Aufstieg

Die ersten zweieinhalb Stunden verliefen mit stetigem Anstieg, jedoch nicht allzu anstrengend. Der Weg zog sich zwar etwas, doch die Natur zeigte sich in abwechselnden Farben. Da wir in der Früh starteten, lag der Nebel tief in den Bergen und im Wald. Es war wirklich eine sehr mystische Stimmung, da jedes Geräusch besonders hervorgehoben wurde. Jedes Blatt, dass abgestoßen wurde, jede Eichel die runter fiel war zu hören. Auch einige Vögel schauten uns neugierig von den Bäumen zu. Die roten und gelben Farbtöne wirkten im Nebel und Licht in Neofarben und gaben der Umgebung eine besondere Stimmung.

Dann zog der Weg an. Über einen Lawinenschacht keuchten wir Hügel für Hügel nach oben, ohne auch einen einzigen Blick auf unser Ziel zu bekommen. Ab und an mal sangen wir laut oder klatschten in die Hände, just in case. „Hallo Bär!“. Die Landschaft wurde immer zerissener, die Bäume verschwanden. Mittlerweile mussten wir große Felsbrocken hoch kraxeln (klettern würde ich noch nicht behaupten), während immer wieder neue Nebelschwaden durch den Wind nach oben aufstiegen.

Endlich erreichten wir die letzte Ebene vor dem letzten Anstieg. Niedrige Kiefern setzten das Plateau in eine dunkelgrüne Landschaft. Schilder informierten über die Bären, die hier aktiv waren. Für Wanderer, die auf dieser Ebene übernachten wollten (es gibt einen Rundweg, der über 9 Tage dauert), wurde extra eine bärenfeste Essensbox aus Metall aufgestellt, in die man seine Lebensmittel und Müll über Nacht lagern sollte. Dann tauchte unser Ziel aus den Wolken hervor und wir merkten erst, dass der Weg noch anstrengender werden würde. Wie ein zusammengestellter Haufen großer Steine lag der Gipfel des Rausu-dake vor uns. Wir gönnten uns noch zwei Reisbällchen und einen kräftigen Schluck Wasser, bis wir den Anstieg starteten.

Auf dem höchsten Berg im Nationalpark

Ich muss schon sagen, die letzten 500 Höhenmeter waren besonders anstrengend, da es steil nach oben ging. Wir mussten über einige Spalten klettern, bis wir endlich den Gipfel erreichten. Aber alle Anstrengungen hatten sich gelohnt. Uns bot sich ein wunderbarer Weitblick vom Meer bis in die Berge. Dicke Wolken wurden vom Meer hoch in die Berge geblasen, so schnell, dass der Nebel jede Minute seine Form wechselte. Von hier oben sah es aus, als ob sich eine weiß-graue Decke über die Berge legte. Wir begrüßten oben die anderen Wanderer, die vor uns losgegangen sind und suchten nach einer geeigneten Stelle für Brotzeit. Diesmal brachten wir sogar, typisch japanisch, unseren Campingkocher aus dem Camper mit, dazu einige Suppennudeln. Es war schon ein Gaumenschmaus bei dem zugigen Wind etwas Warmes zu essen und dabei das ständige Schattenspiel zu beobachten.

Nach etwa einer Stunde Pause machten wir uns wieder auf den Rückweg. Auf dem Plateau trafen wir auf ein Rentnerpaar, das vor uns auf dem Gipfel war und nun eine kleine Pause einrichtete. Wir unterhielten uns auf japanisch und etwas englisch im Mix – wobei wir über Natur und Tiere sprachen. Wir setzten unseren Weg weiter fort, trafen aber immer wieder bei Pausen aufeinander und hielten etwas Smalltalk. Wir hörten unter anderem, dass es bei dem Hotel auch einen geschlechtergemischten, natürlichen Onsen gab. Wir fragten da gleich etwas genauer nach Ablauf und Verhalten nach.

Der natürliche Onsen

Nachdem wir wieder unten ankamen, ging es für uns zum natürlichen Onsen, den das Wasser aus dem Hotel speiste.  Es gab drei Becken, übereinander, wobei in dem untersten ein älterer Mann badete. Wir entschlossen uns, das Oberste zu nehmen. Das Becken war mit einer Betonmasse ausgefüllt und hatte daher keinen moorigen Boden. Es schwammen keine Fische darin, nur ein paar Eicheln. Wir genossen den Spaß, konnten aber nicht lange verweilen, da wir mit dem Auto wieder eine lange Strecke fahren wollten.

Wieder zurück am Auto trafen wir auf das Rentnerpaar aus den Bergen und erzählten ihnen von unserem Erlebnis. Die beiden bevorzugten den Hotelonsen und bereiteten sich vor. Wir verabschiedeten uns und gingen zum Auto zurück. Während wir dort umräumten, klopfte es an der Scheibe. Es war der Mann von vorhin, der beim Hotel Bärensticker gekauft und diese uns nun schenken wollte! Mir fehlten die Worte. Arigato goseimasu – herzlichen Dank für das Geschenk 😀

Sehr gemütlich und schön warm. Ein Becken mitten im Wald.